Antijagdtraining für Hunde
Wenn draußen die Natur wieder zum Leben erwacht und die jungen Wildtiere über die Wiesen tollen, spätestens dann wird es Zeit für Anti-Jagd-Training! Für Halter von jagdlich motivierten Hunden ist diese Zeit ein Graus. Der tägliche Freilauf wird zum Spießrutenlauf und so muss im Zweifel die Flexileine her, damit man möglichst wenig Ärger hat. Eines ist klar, den Jagdtrieb ganz rauszubekommen, ist unmöglich, besonders bei Hunderassen, die speziell zur Jagd gezüchtet wurden. Aber ein bisschen entgegenwirken kann man schon und deswegen gebe ich Dir heute ein paar Tipps, die Euch das Zusammenleben erleichtern könnten.
Autorin: Mieke von Hundundich
Das Ziel von Anti-Jagd-Training
Aufmerksamkeit und Impulskontrolle sind das A und O. Dein Hund sollte immer ansprechbar und abrufbar bleiben, egal was da gerade hopst oder flattert. So viel zur Theorie. Dies zu erreichen, erfordert jedoch viel Training und eine gewisse Voraussicht des Halters. Hast Du einen jagdlich motivierten Hund, so sollte Anti-Jagd-Training regelmäßig auf Eurem Trainingsplan stehen. Ein paar Ideen für Euer Training, gebe ich Dir hier.
Belohnungen beim Antijagdtraining
Es gibt viele Möglichkeiten Hunde zu belohnen. Mag Dein Hund Futter und setzt Du Futter zur Belohnung für das Anti-Jagd-Training ein, kannst Du gern, vor allem zu Beginn des Trainings, besonders hochwertige Belohnungen verwenden. Dabei solltest Du aber darauf achten, dass Dein Hund nicht mit Energie überversorgt wird, um Übergewicht zu vermeiden. Neben Futter und Leckerlis stehen aber noch viele andere Belohnungsmöglichkeiten, wie Spielzeuge, gemeinsames Rennen, verbales Lob, Streicheln und mehr zur Verfügung.
Tipps für das Antijagdtraining
Ein vorhandener Jagdtrieb kann nicht einfach abgestellt werden, aber es ist möglich diesen umzulenken, die Aufmerksamkeit und Konzentration des Hundes sowie die Orientierung zum Menschen zu fördern.
Tipp 1: Aufmerksamkeitstraining
Dein Hund sollte Dich immer ansehen, wenn Du ihn ansprichst. Habt Ihr dies gut geübt, so kannst Du auch im Ernstfall seine Aufmerksamkeit erhaschen. Du musst jedoch früh genug reagieren. Hat Dein Hund schon die Verfolgung aufgenommen, ist es meistens zu spät. Du hast verschiedene Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit Deines Hundes einzufordern. Drei Beispiele zeige ich Dir hier:
- Den Namen Deines Hundes oder ein anderes Aufmerksamkeitswort sagen
- Ein Pfiff der Hundepfeife
- Ein Target mit der Nase berühren lassen, zum Beispiel Deine Handfläche
Dies alles muss ordentlich konditioniert werden. Zeigt Dein Hund das erwünschte Verhalten, so folgt unmittelbar Dein Lobwort oder ein Click des Clickers. Danach erfolgt die Belohnung, das heißt irgendetwas, das Dein Hund mag. Je mehr Ihr dies übt, desto leichter wird es Dir fallen, die Aufmerksamkeit Deines Hundes auf Dich zu lenken. Dein Hund wird die erwünschte Verhaltensweise so verinnerlichen, dass er sie irgendwann wie automatisiert ausführt, wenn Du das Signal gibst.
Tipp 2: Allgemeiner Grundgehorsam
Zu jedem Anti-Jagd-Training gehört auch das Trainieren eines guten Grundgehorsams. Warum? Das Trainieren eines Grundgehorsams schult den Hund für den Ernstfall. Erinnerst Du Dich? Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Das muss geübt werden! Die Grundlage dafür lernt Dein Hund durch ein paar ganz einfache Übungen. Sitz, Platz, Bleib, Rückruf, Stopp. Das sollte das Minimum für Euer Training sein.
Sitz und Platz sind Ruhepositionen. In Kombination mit „Bleib“ bewirken sie, dass Dein Hund Geduld lernt. Er darf sich nicht aus der Position bewegen bis Du das Signal dazu gibst. Dein Hund lernt sich zu zügeln und seine Impulse zu kontrollieren. Kommt Dein Hund gerne und freiwillig zu Dir zurück, so sind die Chancen, dass er es auch bei der Jagd tut, größer. Der Rückruf sollte also gut konditioniert werden. Bedenke auch, dass Dein Hund eventuell abwägen wird, was sich nun mehr lohnen wird: Jagen oder zu Dir zurückzukehren. Deswegen ist es wichtig, ihm schon auf dem Hundeplatz zu zeigen, was für spannende Alternativen ihn erwarten, wenn er sich entscheidet, zu Dir zurückzukommen.
Erwarte jedoch nicht zu viel. Nur weil es auf dem Hundeplatz klappt, heißt nicht, dass es auch im Ernstfall funktioniert. Hunde mit geringerem Jagdtrieb kann man vielleicht aus der Hetze abrufen, aber es gibt auch Kandidaten, die man stundenlang ruft, ohne dass sie wiederkehren. Die genetische Veranlagung Deines Hundes spielt hier eine entscheidende Rolle. Das Stopp-Signal soll Deinen Hund zum Anhalten bringen, wenn er schon läuft. Hier gilt das Gleiche wie beim Rückruf. Ist Dein Hund schon unterwegs, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass Du noch etwas bewirken kannst. Auf einen Versuch würde ich es jedoch trotzdem ankommen lassen.
Kann Dein Hund diese Kommandos schon unter geringer Ablenkung ausführen, dann versuche sie mal auf Distanz oder unter größerer Ablenkung. Das macht die Übungen deutlich schwieriger.
Und vergiss niemals: Hunde lernen ortsgebunden. Ein antrainiertes Verhalten muss generalisiert werden. Das heißt, es muss an vielen verschiedenen Orten geübt werden, bevor es zuverlässig überall funktioniert.
Tipp 3: Kontrolliertes Spiel
Exzessive und unkontrollierte Jagdspiele sollten für alle jagdlich motivierten Hunde tabu sein. Dazu zählen zum Beispiel Wurfspiele mit Bällen, Frisbee etc. Spielt man ohne Regeln und Grenzen mit seinem Hund, so gerät dieser unter Umständen in eine regelrechte Ekstase, in der er nicht mehr ansprechbar ist. Durch das wilde Spiel übt sich Dein Hund in der Jagd und lernt noch schneller seinen Impulsen zu folgen. Aber genau das Gegenteil ist erwünscht.
Sieht der Hund ein Jagdobjekt, dann wollen wir, dass er mit uns Kontakt aufnimmt, anstatt loszuhetzen. Deswegen sollten jagdlich motivierte Hunde lernen, sich selbst zu beherrschen und „um Erlaubnis zu fragen“. Dies kannst Du üben, indem Du beim Ballspiel immer erst darauf wartest, dass Dein Hund Kontakt mit Dir aufnimmt, bevor Du den Ball wirfst, zum Beispiel indem er Dich ansieht.
Klappt dies zuverlässig, so kannst Du beginnen, vor dem Wurf des Balls das Signal „Bleib“ zu geben. Schaut Dein Hund Dich an, lasse den Ball fallen. Bleibt er sitzen und schaut Dich an, lobe ihn und schicke ihn los den Ball zu fangen. Mit der Zeit kannst Du den Ball immer weiter wegwerfen und Dein Hund wird nicht mehr hinterherhetzen, sondern auf Deine Erlaubnis warten.
Übertrage diese Übung auf andere Situationen im Alltag, in denen Dein Hund aufdreht und die Selbstbeherrschung verliert. Zum Beispiel, wenn Besuch kommt, oder es Zeit für die Fütterung ist. So lernt er, sich in verschiedenen Lebenslagen zu zügeln.
Tipp 4: Grenzen setzen
Die Schleppleine ist für Dich als Halter eines jagdlich motivierten Hundes wahrscheinlich eh Dein bester Freund. Also nutze doch sie zu Deinem Vorteil!
Versuche immer dann die Aufmerksamkeit Deines Hundes zu erhaschen, sobald er beinahe das Ende der Leine erreicht hat. Dies muss unbedingt geschehen, bevor er mit einem Ruck in die Leine springt. Lobe ihn, wenn er innehält, bevor die Leine auf Spannung ist.
So lernt Dein Hund seinen Handlungsspielraum kennen. Dies musst Du so lange üben, bis er von alleine den Radius einhält. Gib ihm als Lob wonach er sich sehnt. Ob es nur ein Leckerchen oder eine Runde Toben ist, musst Du selbst herausfinden. Trau‘ Dich was! Egal was die anderen Leute denken! Dein Hund muss lernen, dass Du viel spannender bist als ein hüpfendes Kaninchen oder ein Reh.
Gehst Du mit Deinem Hund an der Schleppleine spazieren, so können schnelle Richtungswechsel Deinen Hund dazu bringen, Dir ständig Aufmerksamkeit zu schenken. Sobald er Dich aus den Augen lässt, gehst Du in eine andere Richtung weiter. Nun weiß Dein Hund, dass er Dich nicht aus den Augen lassen kann, weil Du sonst weggehst.
Tipp 5: Deinem Hund einen Job geben
Wenn Dein Hund sich auf den täglichen Ausflügen langweilt, dann wird er anfällig dafür Fährten aufzunehmen und zu verfolgen. Klar, seine Umwelt ist viel spannender als Du.
Hat Dein Hund jedoch eine Aufgabe zu erfüllen, so kann es passieren, dass er diese so ernst nimmt, dass er das Jagen darüber völlig vergisst. Es gibt verschiedene Jobs, die Dein Hund übernehmen kann. Hier ein paar Beispiele:
- Gegenstände im Maul tragen, wie zum Beispiel die eigene Leine, das Zerrspielzeug oder einen Futterdummy
- Einen Bollerwagen oder Schlitten ziehen (mit einem Zuggeschirr)
- Gegenstände mit einem Hunderucksack transportieren
- Selbstgelegte Fährten von Menschen oder Futterdummies aufspüren
Vielleicht fällt Dir selbst noch mehr ein? Es erfordert wahrscheinlich ein bisschen Praxis, um herauszufinden, welchen Job Dein Hund gerne ausüben möchte, aber wenn Du einen gefunden hast, dann hast Du gute Chancen, Deinen Hund durch diese Aufgabe vom Jagen abzulenken.
Akzeptiere die Natur Deines Hundes
Die Natur Deines Hundes zu akzeptieren ist wahrscheinlich mein bester Tipp an Dich, denn komplett umpolen ist unmöglich. Entweder Du bist bereit, seinen Bedürfnissen gerecht zu werden, oder eben nicht. Überlege Dir am besten schon vor der Anschaffung, ob der auserwählte Hund bei Dir glücklich werden kann.
Wenn Du Dich überfordert fühlst, zögere nicht, Dir einen passenden Trainer zu suchen, der auf die ganz persönlichen Bedürfnisse Deines Hundes eingeht.
Dein Hund ist nun Mal wie er ist. Aber Du kannst lernen, die schönen Seiten eines jagdlich motivierten Hundes zu schätzen. Du hast jetzt die Chance, viel Zeit mit Deinem Hund zu verbringen und Ihr könnt zusammenarbeiten! Gibt es etwas Schöneres, als wenn Hund und Mensch Hand in Hand arbeiten? Beziehungsweise Hand in Pfote?
Ich finde das ist das Tollste an Hunden! Die Allermeisten von ihnen haben Lust mit ihrem Halter einer Aufgabe nachzukommen und das kannst Du wunderbar für Euch nutzen. Ich verspreche Dir, Euer Verhältnis wird sich zum Positiven verändern, sobald Du Euch die Chance dazu gibst!
Autorin: Mieke von Hundundich