Scheinträchtigkeit und Scheinschwangerschaft bei Hunden

Vielleicht kennst du das: Deine Hündin wirkt, als ob sie trächtig wäre, obwohl sie nicht gedeckt worden ist. Sie baut ein Nest, bemuttert ihr Spielzeug und ihr Gesäuge schwillt an. Kurzum: Dein Hund ist scheinträchtig. Was jetzt? Es gibt in der Regel keinen Grund zur Sorge. Scheinschwangerschaft bei Hunden zeigt, wie stark ihr Instinkt verwurzelt ist – und wie sehr sich dieser aus ihrer wilden Vergangenheit erhalten hat.

Autorin Tierärztin Johanna Klickermann

Unsere Autorin ist Tierärztin mit Leib und Seele. futalis profitiert von ihrer langjährigen Erfahrung mit Hundeerkrankungen und Ernährungsfragen aus der Kleintierpraxis sowie ihrem Wissen aus zahlreichen Fortbildungen. Erfahre mehr über unsere Autorin!

„Während bei den meisten Hündinnen die Scheinträchtigkeit nach wenigen Wochen ohne Probleme vorüber geht, können für andere Hündinnen die Symptome zur Belastung werden. In den meisten Fällen ist jedoch keine tierärztliche Behandlung erforderlich.“

Warum werden Hunde scheinträchtig?

Der Ursprung einer Scheinschwangerschaft beim Hund findet sich bei den Wölfen:

In einem Wolfsrudel wird oft nur die ranghöchste Wölfin gedeckt.
Damit die Welpen trotzdem optimal versorgt sind, entwickeln die anderen Wölfinnen durch hormonelle Prozesse die Fähigkeit, die Welpen zu säugen, falls die Mutterwölfin ausfällt.
Durch diesen Instinkt der Wölfe ist es möglich, dass unsere Hündinnen eine Scheinschwangerschaft entwickeln.

Scheinträchtigkeit beim Hund als Verhalten zum Rudelschutz

Wie bei Wölfen sorgt auch bei Haushunden die Scheinträchtigkeit dafür, dass die Hündin in der Lage wäre, Welpen zu versorgen.
Ihre Hormone spielen verrückt, um das Überleben der Rudelwelpen zu sichern.
So entsteht ein Zustand der Scheinschwangerschaft beim Hund, der biologisch sinnvoll ist, auch wenn er für uns oft unerwartet und ungewöhnlich erscheint.

Scheinschwangerschaft bei Hunden durch hormonelle Veränderungen

Während der Läufigkeit steigt das Hormon Progesteron. Selbst wenn deine Hündin nicht gedeckt worden ist, bereitet ihr Körper sich auf eine mögliche Trächtigkeit vor.
Sinkt der Progesteronspiegel, wird das Hormon Prolaktin ausgeschüttet, welches für die Milchproduktion und das mütterliche Verhalten sorgt. Dieser Anstieg passiert etwa 63 Tage nach der Läufigkeit – genau die Zeit, in der eine Hündin ihre Welpen bekommen würde.
Das Zusammenspiel dieser Hormone bewirkt, dass sie sich so verhält, als hätte sie Nachwuchs zu versorgen.

Scheinschwangerschaft beim Hund: Symptome

Wie verhält sich ein Hund, wenn er scheinschwanger ist? Diese Frage lässt sich nur eingeschränkt eindeutig beantworten, denn die Symptome sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Es gibt allerdings typische Anzeichen, auf die du achten kannst.

Verhalten bei einer Scheinträchtigkeit

Wie macht sich eine Scheinschwangerschaft beim Hund bemerkbar? Verhaltensänderungen können sein:

Lustlosigkeit und erhöhte Müdigkeit: Sie verbringt mehr Zeit in ihrem „Nest“ und wirkt oft in sich gekehrt.
Vermehrtes Kuschelbedürfnis: Sie sucht deine Nähe und zeigt ein Bedürfnis nach Geborgenheit.
Nestbauverhalten und das Bemuttern von Spielzeug: Deine Hündin sammelt Gegenstände und trägt sie in ihr Nest, um sie dort zu „bemuttern.“
Appetitlosigkeit oder Futterverweigerung: Sie hat weniger Interesse am Fressen, da ihr Fokus auf ihren „Welpen“ liegt.
Aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden, insbesondere Hündinnen: Ihr Beschützerinstinkt ist in dieser Zeit besonders ausgeprägt.

Anzeichen einer Scheinschwangerschaft

Geschwollenes Gesäuge: Die Milchdrüsen schwellen an und fühlen sich warm an.
Milchproduktion: In manchen Fällen beginnt die Hündin, Milch zu produzieren, was den Eindruck einer tatsächlichen Trächtigkeit verstärkt.
Vergrößerter Bauchumfang: Auch wenn keine Welpen im Bauch sind, wirkt er durch hormonelle Einflüsse größer.
Lecken am Gesäuge durch Druckschmerz: Um den Druck zu lindern, leckt sie sich häufig am Gesäuge.

Ist das Gesäuge deiner Hündin während einer Scheinschwangerschaft besonders warm, verhärtet oder tritt eitriges Sekret aus, könnte eine Entzündung (Mastitis) vorliegen. In diesem Fall ist es ratsam, sofort deine*n Tierarzt*Tierärztin aufzusuchen, da eine Mastitis schmerzhaft ist und dringend behandelt werden muss.

Wann kann eine Scheinträchtigkeit bei einer Hündin auftreten?

Der Zeitraum einer Scheinschwangerschaft beim Hund liegt für gewöhnlich etwa drei bis zwölf Wochen nach der Läufigkeit. Wie bereits erwähnt, durchläuft der Hormonhaushalt deiner Hündin in dieser Zeit Veränderungen, die zu diesem Verhalten führen können.

Wie lange dauert eine Scheinschwangerschaft bei Hunden?

Die Dauer einer Scheinträchtigkeit beträgt meist zwischen zwei und drei Wochen:

In den meisten Fällen klingen die Symptome von selbst ab. Die Intensität und Dauer der Scheinschwangerschaft hängen jedoch von deiner Hündin ab.
Einige Hündinnen zeigen nur wenige Tage leichte Anzeichen, während andere über Wochen hinweg deutliche Symptome entwickeln.
War deine Hündin schon einmal scheinträchtig, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie auch bei der nächsten Läufigkeit wieder scheinschwanger wird.

Hund scheinschwanger – was tun?

Deine Hündin zeigt Symptome einer Scheinschwangerschaft? Dann gibt es ein paar einfache Dinge, die du tun solltest, um ihr zu helfen:

Verhindere das Lecken am Gesäuge: Das Lecken am Gesäuge regt die Milchproduktion weiter an. Ein T-Shirt oder eine Halskrause hindert sie daran. Es ist wichtig, dass deine Hündin nicht unnötig gestresst wird. Versuche, sie sanft an diese Maßnahmen zu gewöhnen. Je weniger sie sich mit ihrem Gesäuge beschäftigt, desto schneller lässt die Milchproduktion nach.
Spielzeug wegräumen: Nutzt deine Hündin Spielzeug als Welpenersatz, ist es am besten, das Spielzeug wegzuräumen, um ihr das „Bemuttern“ zu erschweren. Das hilft ihr, sich von der Scheinträchtigkeit zu lösen und schneller wieder in ihren normalen Alltag zurückzufinden. Lass sie nicht unbeaufsichtigt damit, da sie es sonst bewachen und verteidigen könnte.
Aktiv bleiben: Beschäftige deine Hündin während der Scheinschwangerschaft mit Spaziergängen, Hundespielen und Training. So lenkst du sie ab und nutzt die Energie, die sie in ihr Nestbauverhalten steckt, positiv. Beschäftigung hilft ihr, den Fokus von ihren „Welpen“ auf andere Aktivitäten zu lenken, und sorgt dafür, dass sie sich auspowert und entspannter wird.

Achte darauf, dass deine Hündin während der Scheinschwangerschaft genug Ruhe bekommt. Sie durchlebt hormonelle Veränderungen, die sie belasten. Gib ihr Zuwendung, aber sei darauf bedacht, dass sie sich nicht zu sehr in ihre „Mutterrolle“ hineinsteigert. Besonders wenn Kinder im Haushalt leben, ist es wichtig, die Situation im Auge zu behalten. Sie reagiert in dieser Phase eventuell empfindlicher oder schreckhafter.

Ist meine Hündin trächtig oder scheinträchtig?

Ob eine Schwangerschaft vorliegt oder nur eine Scheinträchtigkeit, ist ohne tierärztliche Untersuchung nicht verbindlich zu bestimmen:

So zeigen sich bei einer Scheinschwangerschaft beim Hund Symptome, die auch eine trächtige Hündin aufweist. Daher ist bei Verdacht auf eine Trächtigkeit ein Tierarztbesuch angeraten.
Nachweisen lässt sich die Trächtigkeit ab dem 25. Tag per Ultraschall oder ab dem 30. Tag durch das Messen des Hormonspiegels.
Die Ultraschalluntersuchung wird bevorzugt, da sie nicht nur die Trächtigkeit bestätigt, sondern auch die Vitalität der Welpen beurteilt.

Ist eine Behandlung erforderlich?

In den meisten Fällen benötigt ein scheinträchtiger Hund keine Behandlung. Doch es gibt Ausnahmen:

Gesäuge-Entzündung: Ist das Gesäuge verhärtet, gerötet oder schmerzhaft, besteht möglicherweise eine Mastitis. Diese sollte behandelt werden, um Schmerzen und Infektionen zu vermeiden. Der*die Tierarzt*Tierärztin verabreicht dann Antibiotika und entzündungshemmende Medikamente, um die Entzündung zu lindern.
Starkes aggressives Verhalten: Wenn deine Hündin besonders aggressiv auf Artgenossen reagiert oder ihr Verhalten sich stark verändert, ist eine medikamentöse Behandlung eine mögliche Lösung. Medikamente wie Prolaktin-Hemmer reduzieren die Milchproduktion und die hormonellen Schwankungen. Sprich mit deinem*deiner Tierarzt*Tierärztin, um eine auf deine Hündin abgestimmte Behandlung zu besprechen.

Braucht es bei der Scheinschwangerschaft beim Hund ein Medikament?

Vermutlich denkst du: Mein Hund ist scheinschwanger, was kann ich tun? Gibt es vielleicht Medikamente gegen diesen Zustand? In der Regel erfordert eine Scheinträchtigkeit bei normalem Verlauf keine medikamentöse Behandlung. Bei übermäßiger Milchproduktion oder auffälligen Verhaltensänderungen wie gesteigerter Aggressivität kann jedoch ein Eingreifen sinnvoll sein, wie wir bereits oben geschildert haben. Ob homöopathische Mittel wie Pulsatilla helfen, ist strittig.

Wie kann man einer Scheinträchtigkeit beim Hund vorbeugen?

Eine Scheinschwangerschaft beim Hund lässt sich nicht durch eine Futterumstellung oder den Einsatz von homöopathischen Mitteln verhindern. Die einzige sichere Methode, um eine Scheinträchtigkeit zu verhindern, ist die Kastration:

Durch die Kastration wird der hormonelle Zyklus der Hündin unterbrochen, und sie wird nicht mehr scheinträchtig.
Die Kastration sollte nicht während der Scheinschwangerschaft erfolgen, sondern in der hormonellen Ruhephase, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren. Lass dich von deinem*deiner Tierarzt*Tierärztin beraten.
Als Futterhersteller kommen wir nicht drumherum, dir zu sagen, dass eine gesunde Ernährung ebenfalls dazu beitragen kann, dass die Scheinträchtigkeit deiner Hündin so angenehm wie nur möglich verläuft.